Arbeitspaket 1: Rechenzentren im Vergleich

Das Institut für Information Resource Management der Universität Ulm hat Daten von verschiedenen Rechenzentren gesammelt, analysiert und verglichen.

Untersuchte Rechenzentrums Standorte in Baden-Württemberg

Das Ziel des Arbeitspaket ist es die Rechenzentren-Landschaft in Baden-Württemberg anhand einer Datenerhebung zu erfassen. Im speziellen geht es dabei um die verwendete IT-Technik, Infrastruktur und Verwaltung. Durch diese Stichproben wurde der Ist-Zustand erfasst und aufbauend auf diesem in verschiedenen Szenarien verschiedene Trends und Potenziale aufgezeigt.

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Potenzial 1: Der grüne Strom

Nutzen Sie 100 % grünen Strom in Ihrem Rechenzentrum?

Internationale Rechenzentrumsbetreiber werben seit einiger Zeit mit dem Versprechen nur grünen Strom in Ihren Anlagen einzusetzen und somit einen Beitrag zum Klimaschutz und der Nachhaltigkeitsbewegung zu leisten.

Um zu überprüfen, ob derartige Überlegungen auch bei Rechenzentren Betreibern in Baden-Württemberg heute schon eine Rolle spielen, wurde nach dem Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen in dem Strommix einzelner Betreiber aus dem industriellen Umfeld gefragt. Dabei gaben alle Betreiber, falls erneuerbare Quellen in ihrem Strommix vorhanden waren, entweder den Wert 100% oder keinen Wert an. Verneinten die Unternehmen das Vorhandensein erneuerbarer Quellen in ihrem Strommix oder machten sie keine Angaben, wurde dies als „Nein“ gewertet.

Insgesamt gaben 25% der untersuchten industriellen Rechenzentren an, ihren Strom zu 100% aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Dies liegt die Schlußfolgerung nahe, dass bereits jetzt schon die Bereitschaft vorhanden zu sein scheint, Strom aus grünen Quellen zu beschaffen. Über die Art des Bezugs wurde in allen Fällen keine Angabe gemacht. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich der Bezug auf sogenannte GO (Guarantee of Origin) Zertifikate fokussiert, da der alternative Bezug über PPAs (Power Purchase Agreements) eher für Grösst-Rechenzentren in Frage kommt, welche Erneuerbare Energien direkt vom Erzeuger beziehen.

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Potenzial 2: Die freie Kühlung

Wird in Ihrem Rechenzentrum freie Kühlung genutzt?

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Eine der effektivsten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz im Rechenzentrumsbetrieb stellt der Einsatz der „freien Kühlung“ (direkt oder indirekt) dar. Für den süddeutschen Raum kann man als groben Richtwert ab dem eine „freie Kühlung“ aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn macht, Stichwort Total Cost of Ownership, eine IT-Gesamtleistung von 40kW angeben. Energieeinsparungen in der Größenordnung von 80% bei mittelgroßen Rechenzentren im Bereich der Kühlung rücken für einen Betreiber in den Breich des Möglichen, falls er bei der Klimatisierung auf „freie Kühlung“ setzt.

Die Auswertung, wieviele Rechenzentrenbetreiber diese „state-of-the-art Methodik“ nutzen, ergab einen Wert von 70%. Die übrigen 30%, die diese Technologie (noch) nicht nutzen, befanden sich ausschließlich im Bereich kleiner Hochschul Rechenzentren und Rechenzentren auf Landesebene BW. Gründe dafür könnten in den eher klein und nicht notwendigerweise auf hohe wirtschaftliche Rentabilität ausgelegten Rechenzentren liegen.

Entwicklungsszenarien

Glaubt man den renommierten Analysten von Gartner, steht der weltweiten Rechenzentren Landschaft eine dramatische Transformation bevor. Es wird davon ausgegangen, dass auf der einen Seite eine Konsolidierung vieler mittelgrosser Rechenzentren hin zu einigen wenigen sehr grossen Rechenzentren stattfindet. Auf der anderen Seite wird ebenfalls davon ausgegangen, dass sich parallel dazu immer mehr Kleinst-Rechenzentren (Edge-RZs) etablieren werden. Mit Hilfe dieser Edge-RZs soll den rasant anwachsenden Anforderungen an die Verlagerung der Rechenkapazität an den Ort der Entstehung der Information begegnet werden. Eine flächendeckende Installation von Edge-RZs im großstädtischen Bereich könnte bspw. eine mögliche Abwärmenutzung für Heitzzwecke zukünftig attraktiv machen. Wie die Datenerhebung in AP1 ergab, spielt eine solche Nutzung für RZ-Betreiber in Baden-Württemberg heute in den aller meisten Fällen keine Rolle.
Im Folgenden sollen zwei solcher Szenarien, die im Rahmen von AP1 entwickelt wurden, untersucht werden. Im Speziellen geht es um eine Abschätzung des Gesamtenergieverbrauchs von Edge-RZs in Baden-Württemberg für das Jahr 2025, wenn als Anwendungsfälle für Edge-RZs das ‚Autonome Fahren‘ und die ‚Smart-City‘ in Betracht kommen.

Moderate Edge-RZ Entwicklung

Dieses Szenario betrachtet nur den Fall, dass Edge-RZ Infrastruktur an den Bundesautobahnen in Baden-Württemberg installiert wurde. Folglich sind in diesem Szenario Edge-RZ Installationen mit Smart-City Bezug in Städten noch ausgespart. Als Parameter für die Berechnung wurden unter Anderem eine Edge-RZ Dichte von 20km an den Autobahnen und und eine durchschnittliche Leistungsaufnahme pro Edge-RZ von 16,5kW angenommen.

Die Ergebnisse zeigen, dass in diesem Fall die Transformation, zumindest aus energetischer Sicht, sehr moderat ausfällt. Der prozentuale Energieverbrauch, der sich auf den Gesamtenergeiverbrauch der Rechenzentren in Baden-Württemberg bezieht, liegt hier ebenfalls im einstelligen Bereich.

Verstärkte Edge-RZ Entwicklung

Dieses Szenario betrachtet den Fall, dass Edge-RZ Infrastruktur an den Bundesautobahnen in Baden-Württemberg installiert wurde. Desweiteren wird davon ausgegangen, dass Edge-RZs in den 5 größten Städten Baden-Württembergs (Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Heidelberg) zur Verfügung stehen, die sowohl Dienste für das ‚Autonome Fahren‘ als auch für die ‚Smart-City‘ zur Verfügung stellen. Als Parameter für die Berechnung wurden unter Anderem eine Edge-RZ Dichte von 20km an den Autobahnen und 2,5km in den Städten angenommen. Für die Edge-RZs mit ‚Autonomen Fahren‘ Bezug wurde eine durchschnittliche Leistungsaufnahme pro Edge-RZ von 16,5kW angenommen und für die Edge-RZs mit ‚Smart-City‘ Bezug eine durchschnittliche Leistungsaufnahme von 8,25kW.

Die Verhältnisse haben sich hier im Vergelich zum ersten Szenario stark verändert. Edge-RZs wären in diesem Fall in hoher Dichte in den 5 Großstädten installiert und ca. 17% der gesamten in Baden-Württemberg in Rechenzentren verbrauchten Energie würde ‚in das Edge wandern‘. Neben erwähnten Potenzialen wie bspw. der Abwärmenutzung, Stichwort Sektorkopplung, wären zur Erfüllung dieses Szenarios jedoch auch andere grosse Kraftanstrengungen nötig. Ein ausgebautes Glasfaser- und 5G-Netz wären notwendige Voraussetzungen für den Betrieb einer solchen Rechenzentren-Landschaft.
Die Resultate der zwei gezeigten Szenarien verdeutlichen die hohe Bandbreite und Ungewissheit in der zukünftigen Entwicklung der Rechenzentren-Landschaft. Sie sollen als Orientierungshilfe für Infrastrukturbetreiber und Planer dienen, den Energieverbrauch, wie er sich im Jahr 2025 darstellen könnte, abzuschätzen, wenn der Fokus auf den Bereichen ‚Autonomes Fahren‘ und ‚Smart City‘ liegt.